Auflösungsfeier

Abschiedswort an die Fliegerstaffel 21 

Brigadier
Keckeis Christophe 

In den vergangenen Jahrzehnten hat der Ost/West-Konflikt unser militärisches Handeln dominiert. Struktur, Organisation und Ausrüstung der Schweizer Armee und da- mit auch der Flugwaffe waren darauf ausgelegt, eine grossangelegte, überraschende Aggression in Mitteleuropa abzuwehren. Diese existentielle Bedrohung gibt es nicht mehr. Sie wird es auch auf absehbare Zeit nicht mehr geben. Der Abzug der russischen Streitkräfte aus Deutschland verläuft planmässig. Von den 546'200 Personen, die die Westgruppe der Streitkräfte ursprünglich umfasste, waren Anfang Juli noch 126'000 in den neuen Ländern stationiert. Der Abzugsplan sieht vor, dass die letzten russischen Soldaten Deutschland bis zum 31. August 1994 verlassen. 

Nachdem wir heute von befreundeten und nach Kooperation strebenden Nachbarn umgeben sind, hängt unsere Sicherheit in verstärktem Masse von politischen Entwicklungen in einem grösseren geographischen Umfeld ab. Der Bericht 90 des Bundesrates an die Bundesversammlung über die neue Sicherheitspolitik der Schweiz vom 1. Oktober 1990 bildet den längerfristigen Bezugsrahmen für die Ausgestaltung der Armee. Für die neue Armee 95 bedeutet dies eine Neuausrichtung. Neben der Umstellung auf erweiterte Aufgaben hat auch die Flugwaffe zusätzliche Vorgaben zu realisieren: 

- Eine Personalreduktion in erheblichem Umfang und unter Zeitdruck 
- Wir müssen mit weniger Geld auskommen und dies langfristig. 

Mit der Reorganisation ARMEE 95 verschwinden 1398 Einheiten bis ins Jahr 1995. Europa- und weltweit verschwinden hunderte von Flugplätzen und fliegenden Verbänden. Überall wird die Zahl der Verbände und der Waffensysteme stark verringert. In diesem Sinne ist die Fl St 21 nicht ein Ausnahmefall. Im Gegenteil, man kann sogar sagen, dass sie "in" ist, und dem modernsten Trend entspricht! Trotz allen Reduktionen bleiben di Schlüsselfunktionen der Flugwaffe. Es geht weiterhin darum, die Schweiz zu schützen. Es geht aber auch darum, bereit zu sein, in einer eng miteinander verflochtenen Welt Mitverantwortung für die bedrohte Freiheit und das Wohlergehen anderer Völker und Staaten zu übernehmen. 

Es tut mir leid, dieses Jahr zwei Fliegerstaffeln aufgeben zu müssen. Ich weiss aber jetzt schon, dass noch weitere diesen Weg vor sich haben. 

Ich danke der Fliegerstaffel 21 ganz herzlich für ihren beispielhaften Einsatz zugunsten der Landesverteidigung bis zum Schluss. Die Fl St 21 verschwindet am 31.12.93 aus der "Ordre de bataille" meiner Flugwaffenbrigade. Ihr "esprit de corps", die Freundschaft, die tiefe Anerkennung und die tollen gemeinsamen Erlebnisse und Erinnerungen bleiben in der Flugwaffe stark verankert. Ich danke Ihnen dafür. 

L'escadrille part, l'esprit reste ! 

Kdt Flwaf Br 31
Br Keckeis Christophe 


Erinnerungen an die Anfangszeit 

Hptm Fritz Steinmann Erster Kdt der Fl St 21 

Kurzer ziviler Steckbrief: 

Steinmann Fritz geb. 13.11.15 Arbon 
1921-27   6 Jahre Primarschule Oerlikon 
1927-30   3 Jahre Sekundarschule Oerlikon 
1930-35   5 Jahre Mittelschule (Oberrealschule Zürich) 
1937-43   Studium an der ETH Zürich (Chemie)
1943-46   Dissertation (Untersuchungen über Stiertestesextrakte)
1943         Heirat mit Rosa Weidmann Zürich-Seebach, 2 Töchter 1946 und 1950 
1946-80   Chemiker Ciba Basel 

Am 31. Mai 1945 wurde mit das Kdo der Fl Kp 21 (Me 109) übertragen. Der frühere Kdt (Hptm Viktor Streiff) hatte als Geologe im zivilen Bereich eine Arbeit in Übersee übernommen. Als frisch gebackener Hptm (Beförderung am 31.12.44) hatte ich natürlich keine Flugerfahrung mit dem Me 109. Ich war noch bis 31.5.45 Kdt Stv der Fl Kp 20 (Morane). Der damalige Kdt des Fl Rgt 3 (Oberstlt Bachofner, besser bekannt unter dem Namen "Bobby") hatte diese Trainingslücke erkannt und gab mir vom 9.-12. Mai 1945 in Dübendorf eine fliegerische "Privatlektion" enthaltend: Patrouillenflüge (inkl. Tiefflüge!) Schiessen, Aussenlandungen und zum Schluss quasi als Dessert einen Luftkampf, den ich selbstverständlich verlor! Diese vier Tage "Spezialtraining Me 109" habe ich bis heute nicht vergessen, da diese Übung für mich eine erhebliche Sicherheit brachte im Hinblick auf meine neue Aufgabe erstmals als Staffel-Kdt eingesetzt zu werden. 

Da der zweite Weltkrieg am 9. Mai 1945 be- endet war, gab es im 1945 keinen WK mehr, sondern nur 7 Trainingskurse (TK) für die Staffel. In diesem Jahr erfolgte auch eine Segelflugausbildung für die Staffel-Kdt des Fl Rgt 3. Die Ausbildung umfasste Schleppflüge mit Fieseler-Storch und BückerIungmeister, Ziellandungen und Akrobatik auf dem Flugplatz Kloten. Das Ziel der Ausbildung war die Beantwortung der Frage, ob eine Segelflugausbildung bzw. Training im militärischen Bereich von Nutzen sein könnte. Meine Stellungnahme lautete: 

1. In taktischer Hinsicht messe ich dem Segelflug keine Bedeutung zu. 
2. In fliegerischer Hinsicht jedoch kann der Segelflug für den Militärpiloten von Bedeutung sein. 
    a. Der Segelflug ist eine vorzügliche Konzentrationsübung für den aus- gebildeten Frontpiloten wie für den Pilotenschüler. 
    b. Der Segelflug dient der Kontrolle des fliegerischen Gefühls und der Aufmerksamkeit des Piloten und bedeutet in dieser Hinsicht ein wertvolles Hilfsmittel des St Kdt. 

Am Ende des Jahres 1945 kam dann die grosse Überraschung für unsere Staffel: Die Me 109 Flugzeuge werden Ende 1945 aus dem Betrieb genommen und die Piloten der Fl St 21 werden an andere Me 109 - Staffeln abgegeben! Es war auch der Zeitpunkt (1.1.46), wo di Trennung Luft-Boden vollzogen wurde. (Aus der Fl Kp 21 wurde die Fl St 21). Der neue Kdt der Fl Kp 21 war Hptm Max Stockmann DMP Dübendorf. Für mich war natürlich die Auflösung der Fl Kp 21 eine grosse Enttäuschung. Als junger Staffel-Kdt hatte ich mich mit den "alten Me 109 Füchsen" rasch zurechtgefunden und statt Skeptiker echte Freunde gewonnen. 

Meine neue Aufgabe ab 1.1.46 war nun, eine neu gebildete Morane-Staffel zu einem kampffähigen Verband heranzubilden. Die Piloten rekrutierten sich zur Hälfte aus "Säuglingen" aus der letzten Fliegerschule, zur Hälfte aus ausgebildeten Frontpiloten (Abgeschobene?). Es war mir bewusst, was mir inskünftig bevorstand und freute mich, diese Aufgabe zu lösen. Bis zum Sept.-TK (23.-28.9.46) verliefen die zwei vorhergehenden TKs ohne jegliche Schwierigkeiten. Ich konnte sogar feststellen, dass die neue Staffel ausbildungsmässig gute Fortschritte gemacht hatte. Auch der Rgt Kdt äusserte sich diesbezüglich poitiv.
Dann geschah es! Am 25.9.46 wurde vom Rgt Kdt eine taktische Übung (Erdeinsatz) für St Führer-Stv angesetzt. Dabei stürzte ein junger Pilot (Lt Hunziker) über dem Belpberg in den Wald ab. Das Flugzeug wurde restlos zertrümmert und der Pilot starb nach erfolgter Überführung ins lnselspital Bern. Medizinische Gründe waren die Ursache des Absturzes. 

Ende 1946 wurde ich mit einer weiteren Hiobsbotschaft konfrontiert: Aus fliegerärztlichen Gründen musste ich auf das Fliegen mit Kampfflugzeugen verzichten!!! (Umschulungskurs auf Vampire im Eimer und Zurückversetzen in die Trainingskategorie III). Im Jahre 1948 habe ich dann aus beruflichen Gründen freiwillig auf das Training verzichtet. Meine im Aufbau befindliche Staffel 21 wurde am 1.1.47 vom Instruktionsoffizier Hptm Ernst Zerkiebel übernommen. So endete eine Fliegerlaufbahn für einen begeisterten Piloten!' 

Pro Memoria: Wie es weiterging... 

1.1.47      Kdt Fl Kp 18 
1.1.50      Kdt a i FlplAbt 16 
16.12.51   Kdt Flpl Abt 9
1.1.53      Beförderung zum Major
1.1.56      z D Art 51 MO (FL)
1.1.60      Fliegereinsatzstab 5 (Fl Einsatz-Of ) 
1.1.62      Stab Gz Div 7, Chef Flw a i 
1962        Dienstuntauglich! 



Schlusswort

von Major am Rhyn Beat
Letzter Kdt der Fl St 21

Ohne Flugzeuge wurde 1938 die Fliegerkompanie 21, so hiess damals unsere Staffel, ins Leben gerufen, als Antwort auf die wachsende nationalsozialistische Bedrohung. Die Ereignisse entwickelten sich jedoch so schnell, dass schon zwei Jahre später, im Juni 1940, die jungen Piloten, als einzige die Neutralität schützen und den Verteidigungswillen der gesamten Schweiz gegen die überwältigende braune Macht unter Beweis stellen mussten.

Den Nachfolgern dieser Piloten nimmt man heute, 55 Jahre nach dieser dramatischen Zeit, die Flugzeuge weg, in der Hoffnung und im Vertrauen auf Erwartungen, die ein neues Europa versprechen. Die Fliegerstaffel 21 ist nicht nur eine, in der Not gegründete militärische Einheit, sondern sie zeichnet sich aus durch den Zusammenhalt und den Willen zur Behauptung, Selbstverteidigung und Unabhängigkeit.

Sie verkörpert ein Ideal, für das elf Kameraden ihr Leben in Ausübung ihres Auftrages geopfert haben.
Sie ist Ausdruck der Kameradschaft, entstanden in gemeinsam vollbrachten Leistungen und in Zeiten der Abwesenheit von Familie und Heim.
Der Geist der Fliegerstaffel 21, Ihre Eigenschaften und Erinnerungen, werden trotzdem in Zukunft weiterleben.

A

A

Programm 15. Oktober 1993 

Letzter TK der Fliegerstaffel 21
11.10 bis 16.10.1993 in Emmen

13.00     Abfahrt mit Schiff in Luzern, Brücke 5

14.30     Fliegerisches Rahmenprogramm über dem Alpnachersee
             - Letztes Fliegerschiessen der Fl St 21
             - Ehemalige Staffelflugzeuge aus nostalgischen Zeiten
             - Formationsflug

15.50     Offizielle Feier auf dem Flugplatz Buochs
             - Überflug/Landung des letzten 21-iger Verbandes
             - Standartenrückgabe an den Kdt FF Trp 
Kdt W. Dürig
             - Flugzeugausstellung

17.30     Ueberfahrt mit Schiff nach Brunnen

anschl.   Zimmerbezug im Hotel ''Waldstätterhof"

19.30     Apéro

20.30     Diner im Hotel ''Waldstätterhof", Brunnen

 

  


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